Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.
Wenn alles gut geht und der Mailserver nicht streikt, erreicht euch dieser Newsletter, anders als sonst, am frühen Silvesterabend. Wenn es richtig gut läuft, hattet ihr bis hierhin ein entspanntes Weihnachtsfest (oder einfach nur ein paar Tage, in denen ihr interessiert dabei zugeschaut habt, wie die Deutschen einen Baum in ihre Wohnung stellen) und habt die beste Zeit des Jahres, nämlich die zwischen Weihnachten und Silvester, ohne wirkliche Aufgaben verbringen dürfen. Und wenn es absolut geil läuft, dann geht rund um euer Haus oder eure Wohnung aktuell auch noch nicht die Welt unter, weil niemand kiloweise Sprengstoff in den Himmel schießt. Ich wünsche euch jedenfalls ein exzellentes neues Jahr. So eins, das ihr in genau einem Jahr kurz Revue passieren lasst und dann denkt: "Crazy! Wer hätte das gedacht?!" Bleibt gesund und macht keinen Unsinn. Und falls es manchmal leider auch eine Tiefe durchläuft, erinnert euch einfach an das fantastische Zitat von Samuel Beckett aus der Überschrift. Uns allen wünsche ich, dass wir kollektiv doch noch irgendwie zur Vernunft kommen und einsehen, dass wir sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch so nicht weitermachen können, dass die AfD entweder verboten oder sie wenigstens von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen wird, dass wir uns wenigstens mal wieder darauf einigen können, dass Fakten einfach nicht zum Fühlen da sind, dass wir online wie offline, vor allem aber online, ein bisschen freundlicher zueinander sind, dass wir lernen, Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, bevor wir sie teilen, dass wir ruhig mal wieder Quellen dazuschreiben, dass die FDP in ganz Deutschland an Fünf-Prozent-Hürde scheitert und dass Jens Spahn und Franziska Giffey mal ein, zwei Jahre das volle Bürgergeldprogramm durchmachen müssen. Ja, das wär doch ein gutes 2024. Und jetzt gibt's noch so einen klitzekleinen Jahresrückblick. Guten Rutsch!
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Januar, Februar Nachdem ein paar richtig grottigen Auftritten Ende 2024 eigentlich gar keine Lust mehr aufzutreten. Bis mich dann ein guter Auftritt auch mal wieder realistisch werden lässt und ich festlege: Nie wieder Schulklassen, Weihnachts- und Firmenfeiern oder generell auftreten vor Leuten, die eigentlich Mario Barth erwarten. Am liebsten auch einfach keine Mixed Shows. So hart es klingt: Wenn die Leute nicht meinetwegen kommen, dann wird's ihnen im Zweifelsfall nicht gefallen. Diejenigen, die aber meinetwegen kommen, finden's eigentlich immer super. Das ist also mein Spektrum, richtig super oder ziemlich katastrophal. Mit diesem Gefühl also zum zweiten Mal in Mainz. Zehn Monate nach meiner Solopremiere ist es jetzt einfach komplett ausverkauft. Danach kommen Leute und sagen, es wäre jetzt nochmal so viel besser gewesen. Das waren also die richtigen Leute. Irgendwann beim Mittagessen in Berlin klage ich Paul Bokowski mein Leid, dass sich immer noch nichts aus der Urlaub-mit-den-Eltern-Geschichte ergeben hat. Exposé und Leseprobe sind längst fertig, aber irgendwie kommt es einfach nicht voran. Noch am gleichen Tag hab ich dank seiner Hilfe ein paar Adressen und plötzlich geht alles ganz schnell. Einfach alle, die wir fragen, haben Interesse. Und am Ende, das heißt nach einem Monat nervenzerreibendem Verhandeln, wird es dann einfach Rowohlt. Vollkommen irre, wenn mal was klappt. Bochum und Dresden auch ausverkauft. Und ich weiß nicht warum, aber irgendwie werde ich total oft in Hotel an der Autobahn gebucht. Ich würde nicht einmal, wenn ich mit dem Auto anreisen würde, was ich nicht tue, weil ich IMMER Bahn fahre, nicht einmal mit Auto würde ich in einem dieser Autobahnhotels übernachten wollen. Dort steigen nur verzweifelte Vertriebler ab und das einzige, was man dort nach 22 Uhr machen kann, ist sich, naja lassen wir das. In Berlin erlebe ich einen Moment seltenen Glücks. Weil meine Freundin Corona hat, muss ich unsere Tickets für Brian Jonestown Massacre abgegeben und ich habe zwischen November und April noch nie jemanden in Berlin so glücklich gesehen wie jene Frau, die die Tickets abgeholt hat. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass das Konzert seit Ewigkeiten komplett ausverkauft war und sich Leute online komplett überboten, um noch an Tickets zu kommen. Und alles, was ich wollte, war der Kaufpreis und dass sie sie bei mir in Friedrichshain abholt. Klar, da wäre ich in Berlin auch misstrauisch geworden.
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März Okay, das Foto eher so aus dem April, aber was soll's. Erste Beerdigung dieses Jahr. Krasse Auftritte in Erfurt und Magdeburg. Einfach beides ausverkauft. In Dortmund hat mir mal ein Techniker gesagt: "Also letzte Woche war <bekannter Comedian> hier, da war's zwar ausverkauft, aber lustiger war's hier. Das hatte ja sogar richtig 'nen Sinn bei dir!" Ich hasse es, wenn Leute so etwas veröffentlichen, aber manchmal ist es ganz gut, es sich zu vergegenwärtigen, wenn man dann mal vor 40 Leuten auftritt. Und dass die Shows ausverkauft sind, finde ich natürlich vollkommen gerechtfertigt, ist aber definitiv nicht die Regel. Weil jemand gefragt hat, wie viele Leute eigentlich bei den Shows waren. Ich sag mal so: Zwischen 40 und 817. Eigentlich muss nur das Publikum/Raum-Verhältnis stimmen. Dann noch alles dunkel und guter Ton und es wird eigentlich immer ein guter Abend. Aber ganz ehrlich: Vor 800 Leuten macht's trotzdem am meisten Spaß, einfach weil so man so ab 3-400 nicht mehr gegen das Publikum ankommt. Wenn die klatschen wollen, kannst du reden, so viel du willst, die sind auf jeden Fall lauter. Das ist super, weil ich normalerweise total ungern so comedy-typisch Applaus erzwinge, sondern lieber weiterrede, wenn nicht alle sofort ausflippen. In Erfurt übrigens ein weirder Moment in der Bahnhofsbuchhandlung. Ich stehe bei den Romanen, als neben mir eine Frau ein eingeschweißtes Buch nimmt, die Folie abreißt, darin herumblättert und dann das Buch einfach vors Regal fallen lässt. Noch irritierender: Wie verständnislos mich die Frau anschaute, als ich fragte, ob das ihr Ernst sei. Ab März steht immer Sonntags auch eine Seitenzahl im Kalender, jede Woche muss ich 13 Seiten schreiben, um das Pensum zu schaffen, bis es Anfang August dann 300 Seiten sind. Eigentlich sollte das Buch erst im Herbst 2024 rauskommen, aber ich wollte unbedingt, dass es so früh wie möglich rauskommt. Mal geht's besser mit dem Pensum, mal geht's schlechter, aber ich hab immerhin so gut geplottet, dass es immer mindestens okay läuft. Auch schreibe ich immer zuerst die Teile, die mir am leichtesten fallen. So bleibt am Ende zwar nur das Allerschwerste übrig, aber meist ist es dann gar nicht mehr so schwer, weil ich bis dahin genug Zeit hatte, darüber nachzudenken.
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April In Berlin fällt mit 224 Punkten der Allzeit-Bowling-Rekord (leider nicht durch mich, aber hey) und im Leipziger Land wird mal wieder klar, dass ich, auch wenn mir das ein wenig unangenehm ist, einfach total gut schießen kann. Als kosmischen Ausgleich begehe ich den wahrscheinlich dümmsten Fehler der Online-Welt, der mich später 110,34 Euro kosten wird. Zu meinem Geburtstag mache ich nur Dinge, die mir gefallen: Äthiopisch essen, Kunst angucken und U-Bahn fahren, allerdings ohne Dach. Kann ich nur empfehlen, auch wenn die Rundfahrt sehr lang ist und einem das Gesicht buchstäblich vom Fahrtwind einfriert. Lifehack: Maske aufsetzen. Um so einen fulminanten Geburtstag wieder universumsmäßig einzurenken, gewinnt einen Tag später die CDU die Senatswahl in Berlin und macht fortan mit der Verräterpartei gemeinsame Sache. In Aachen konnte ich nicht im Hotel schlafen, weil für Wolodymyr Selenskyj alle Unterkünfte geblockt waren. Also fährt mich nach der Show ein Taxifahrer nach Köln, der deshalb glaubt, ich wäre der übelster Star. Nach der Show in Köln wieder einmal gemerkt, dass es reicht, ein paar gute Leute um sich zu haben, statt viele und dafür nur so vermeintlich gute, auch wenn es auf Insta nicht so krass aussieht.
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Das Ende der TourDo, 29.02.2023 - Magdeburg (Tickets) Sa, 02.03.2024 - Erfurt (Tickets) Fr, 08.03.2024 - Berlin (Tickets) So, 10.03.2024 - Stuttgart (Tickets) Di, 02.04.2024 - Dresden (Tickets) Schluss!
Alle Termine und Tickets hier.
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Mai Düsseldorf, Marburg, Wiesbaden, endlich mal wieder grüne Soße gegessen und an drei Tagen zweimal Ladekabel und Stecker im Hotel gelassen. In Marburg eine erstaunlich gute Show, die ich so überhaupt nicht erwartet hätte. Beim ersten Biss in die Baywatch-Berlin-Pizza einen Schneidezahn abgebrochen. Meinen Eltern dank meiner Flugverspätungs-Erfahrung einen mittleren Geldsegen beschert. Dann endlich mal raus aus Deutschland und ab nach Wroclaw. Dort die ganze Zeit gewundert, wo hier die coolen Leute abhängen, bis wir abends an dieser Insel mitten in der Stadt vorbeikamen (die übrigens auch direkt vor unserem Haus lag). Auf einem der Schiffe, die an der Insel festgemacht sind und auf denen es verschiedene Bars gibt, starrt mich ein junger Mann an, ich frage ihn relativ unfreundlich, was mit ihm los ist und dann erklärt er, dass seine Freundin voll der Fan sei und ob wir nicht ein Foto machen könnten. Den Rest des Abends schäme ich mich. Am Abreisetag stellen wir fest, dass Flixbus einfach mal die Rückfahrt gecancelt hat. Freundlichkeit, wo man sie nicht vermutet: Ohne Diskussion haben sie später die Rückfahrt mit der Bahn bezahlt. So unkompliziert, dass ich fast traurig war, nicht einen schnelleren Zug genommen zu haben. Eine Woche später wieder so ein Auftritt, dessen Güte ich nicht erwartet hätte: Comedy 4 Future Festival in der Urania.
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Juni, Juli
Von der Hochzeit, auf der Coverband sogar KIZ spielt, direkt zum DFB-Pokal. Sonst nicht viel, außer dass zum ersten Mal eins meiner Reels über 1 Million Klicks auf Youtube hat. Und wie automatisch die Kommentare unendlich feindselig werden. Das Internet ist einfach nur noch Müll. Aus Protest gegen den Sommer einfach mal 100 % bei Horizon: Forbidden West gemacht. Nicht einmal baden gewesen, dafür Duolingo gegrindet ohne Ende. Und kurze, aber intensive Dart-Sucht entwickelt, bis mir das Spielzeit-Kosten-Verhältnis irgendwann negativ aufstieß und ich beschloss, mich doch weiter aufs Bowling zu konzentrieren. Die neue Vergebung besucht. Watergate 2.0 aufgedeckt und tatsächlich überpünktlich die erste Version des Buches fertiggestellt. Und dann nebenbei noch schnell mal eben ein anderes Riesenprojekt gestemmt, das sich später als große Enttäuschung herausstellen wird. Überhaupt weiß die Branche immer wieder aufs Neue zu enttäuschen. Sei es, dass riesengroße Firmen absichtlich schlecht bezahlen wollen, weil sie wissen, dass sie schon jemanden finden werden, der es sogar für noch weniger macht. Oder dass sie dir vorwerfen, du wärst undankbar, nur weil du bevor du anfängst zu arbeiten gern einen Vertrag hättest. Oder dass sie versuchen, alle Beteiligten gegeneinander auszuspielen. Tipp dahingehend: Redet mit Leuten, die so etwas arbeiten wie ihr über solche Praktiken. Treten bestenfalls in eine Gewerkschaft ein und lasst auf keinen Fall alles mit euch machen, denn wenn es schon heißt "Wir bräuchten mal ganz schnell", dann heißt das eigentlich für euch nur, dass ihr schonmal in einer sehr guten Verhandlungsposition seid. Und wer ein Problem damit hat, über Geld zu reden, ist meist eh kein guter Geschäftspartner. Überraschung des Monats hingegen: Wie ich meine Adidas Sambas, die ich gekauft hatte, mir aber doch nicht mehr gefielen, nach dreimal Tragen im Internet verkaufen wollte und mir ein Typ schrieb: "Bist du irre? Originalpreis? Das ist doch viel zu billig! Mach die teurer, sonst kauft die keiner, weil alle glauben, das sind Fakes!"
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August, September
Drei Wochen in Italien. Anderthalb Wochen Pizza zum Frühstück, Nudeln zum Mittag, Kuchen zum Kaffee und dann wieder Nudeln zum Abendbrot. Geil, aber spätestens nach zwei Tagen muss man sich nach jeder Mahlzeit erstmal hinlegen, weil der Körper gar nicht mehr hinterher kommt. Oder man beginnt, freiwillig im Meer Bahnen zu schwimmen wie so ein Rentner, einfach, weil man sich richtig nach Bewegung sehnt. Aber alles in allem: Geil. Ist eben doch was total Anderes, wenn man einfach bei Einheimischen unterkommt. Und überhaupt: Mit 120 vom Brenner schnurgeradeaus durch die Toscana an den Strand südlich von Rom düsen und dabei das hören: Geil. In einem Ort sein, in dem es einfach keine deutschen Urlauber gibt: Geil. Einen Abend brennt's einfach hinterm Haus und niemanden interessiert's, weil ist eine städtische Grünfläche und die juckt niemanden. Erst als die Flammen dann langsam auf die Häuser übergreifen, kommen doch mal die Carabinieri. Dann ein paar Tage Rom, erstmal Trapizzino essen, diese großartige Stadt genießen und Pro-Tipp: Die beste Walking Tour der Stadt mitmachen. Und dann hoch zum Lago di Como. Als Gastgeschenk bringen wir dem italienischen Freund unserer Freunde einen Kasten Bier plus Brot, Käse und Schinken aus der Toscana mit und der meint, nachdem wir acht Stunden gefahren sind: "Ja geil, den trinken wir jetzt aus!" Zu Hause dann mal wieder Corona. Ich glaube, es ist das vierte Mal. In Leipzig wird der Schornstein gesprengt und in Anbetracht dessen, was das für ein Volksfest war, sollte viel öfter mal was in der Stadt gesprengt werden. So ein Zusammengehörigkeitsgefühl, krass. Dann das Manuskript abgegeben. Und sogar vorher sehr ausführlich Korrektur gelesen, was gar nicht meine Art ist, wie ihr als eifrige Leser*innen dieses Newsletters sicher schon gemerkt habt. Ja und dann steht plötzlich das mit der Wohnung im Raum. Im September zeichnen wir mal eben das Standup-Solo vor 817 Leuten auf, was einfach nur irre ist. Zum Ausgleich für dieses High schlafe ich nach dem Auftritt in Hannover in einem Hotel, das genau gegenüber von einem Club liegt. Die Ohropax auf dem Kopfkissen hätten mir eine Warnung sein sollen. Absolut nicht gepennt. Und dann direkt nach Paris. Auch so ein Lifehack: Immer wegfahren, wenn es geht. Selbst die langweiligsten Reisen ist am Ende ja immer noch ein Erlebnis.
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Mein neues Buch!
Am 16. April 2024 erscheint mein neues Buch bei Rowohlt! Vorbestellen kann man es im Buchladen um die Ecke oder hier. Tickets für die große Buchpremiere am 30. April 2024 in Leipzig gibt's hier. Ein Zusatztermin kommt bald, ebenso wie weitere Lesungstermine in ganz Deutschland!
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Oktober Richtig entspannend, wenn man einen Tag vor Abreise mitbekommt, dass das Airbnb, das man gebucht hat, gar nicht existiert. Dann auf jeden Fall doch noch irgendwie Paris. Und diesmal wirklich alle Snacks gegessen, die man essen muss: Soupe a l'oignon, galette complète und einfach niemand wollte Französisch mit mir sprechen, weil Paris mittlerweile alle englisch können. 100 Kilometer in drei Tagen gelaufen und es nicht mal bemerkt. In Berlin beginnt die große Tschüss-Sage-Runde. Bin immer wieder überrascht, mit was für klugen und tollen Leuten ich befreundet bin. Zweite Beerdigung dieses Jahr und nach insgesamt sieben Beerdigungen seit 2020 darf es von mir aus auch mal ein Jahr ohne geben.
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November
Alle denken, ich werde bei meinem Auftritt in Dessau ermordet, was dann aber gar nicht passiert, sondern es wird, ganz im Gegenteil, ein echt guter Abend und ich weiß gar nicht, warum ich dort nie aufgetreten bin. München, sieht erstaunlicherweise wirklich aus wie beim Pumuckl. Aber im guten Sinne. Die große Tschüss-Sage-Runde Teil 2 in Berlin. Alle fragen, ob ich Berlin vermissen werde. So halb. Ich find Berlin toll. Hab ich immer und werde ich auch immer. Ich wollte dort nach dem Abi immer hin und bin dann nur in Leipzig gelandet, weil die Zulassung aus Berlin so spät kam. Was allerdings total super war, denn Leipzig war das Beste, was mir passieren konnte. Groß genug, um meinen Kleinstadtkopf komplett zu überfordern, aber klein genug, damit ich nicht daran kaputt gehe. Hier hab ich die besten Leute ever kennengelernt und nirgendwo sonst fühlt sich beim Ankommen an wie zu Hause. Und trotzdem hätte es mich wahrscheinlich für immer genervt, nie in Berlin gewesen zu sein. Weil Berlin ist super. Es gibt einfach alles. Und man kann immer alles machen. Nur dass man es dann quasi doch nie macht. Oder sich nur andauernd vornimmt, es bald mal zu machen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass jene Zeit, die ich in Berlin richtig geil gefunden hätte, gerade einfach nicht ist. Sie kommt bestimmt mal wieder, wobei ich dann vermutlich zu alt dafür sein werde, aber mittlerweile ist sie auf jeden Fall erstmal vorbei. Berlin fühlt sich grad sehr erwachsen an. Alle wollen plötzlich Kohle verdienen und Eigentumswohnungen haben. Und deshalb sind alle nur noch hustlen und das ist überhaupt nicht schlimm, aber auch einfach nicht meins. Oder wie es mir jemand im Oktober sagte: "Du bist ehrgeizig, aber nicht getrieben." Ich gehe nicht irgendwo strategisch hin, rede auch einfach mal, ohne dabei einen Podcast aufzunehmen und bin total irritiert, wenn alle ständig nur noch Business machen und immer erstmal erzählen müssen, was sie gerade alles so am Laufen haben und wen sie alles so kennen, weil mir das eigentlich erstmal total egal ist. Okay, wenn du der beste Freund von Oliver Pocher bist, dann ist es gut, dass du das gleich sagst, weil dann werden wir definitiv keine Freunde, aber sonst ... Naja und dann bleib ich jetzt eben in Leipzig. Ist doch auch schön. Dann krieg vielleicht wirklich irgendwann mal meinen umgedrehten Pfeil in der Innenstadt. Das hätte in Berlin definitiv nie geklappt. Man sagt ja immer. Wenn du's in New York schaffst, schaffst du's überall. Ich mach dann eben erst überall und dann New York. Und immer, wenn ich Fernweh nach Berlin kriege, dann denke ich eben daran, wie viel Miete ich in Berlin bezahlt habe. Und dann geht's auch wieder.
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Dezember
Nicht nur, dass die Releaselesung für das Buch erstaunlich unsicher ist, irgendwann wackelt sogar das ganze Buch. Zum Glück kriegen wir alle im Verlag überzeugt davon, dass es nichts bringt, das Buch wegen des grausamen Israel-Gaza-Kriegs zu verschieben, weil wenn man das jetzt als Grund nimmt, dann werden wir in Zukunft immer wieder Gründe finden, das Buch nicht zu veröffentlichen und dann kommt es nie raus. Hätte aber eigentlich gepasst. Einmal hab ich eine Chance, bei den Großen mitzuspielen und dann kommt was dazwischen. Beschreien wir es deshalb nicht. Wahrscheinlich gibt's am Tag vor der Veröffentlichung noch den größten Börsencrash aller Zeiten. Oder ein Meteorit fällt auf das Lager mit den Büchern. Ich kenne mich, ich weiß, wie das läuft. Trotzdem: Binnen zwei Wochen 700 Tickets für die Releaselesung weg, vollkommen irre. Und so kommt das Jahr also doch noch zu einem versöhnlichen Ende, nach dem es am Anfang gar nicht aussah. Ich bin gespannt, wie das nächstes Jahr laufen wird. Vielleicht darf ich dann endlich die Serie oder den Film über meine Familie drehen (weil jemand nach dem Cast gefragt hat: gern mit Armin Rohde, Maren Kroymann, Heike Makatsch und Jasmin Tabatabai, darüber hinaus, mal gucken). Oder ich werd mit meinen Eltern auf Weltreise geschickt. Warten wir's ab.
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Was fehlt
- Es ist wieder Chaos Communication Congress und auch, wenn ich ein bisschen traurig bin, dass es kein Hacker Jeopardy gab, sind die Vorträge wie immer klasse. Große Empfehlung: Der Vortrag von Arne Semsrott (jap, das ist der Bruder von Nico), die Akte Xandr, ein bisschen Hoffnung, eine Runde Völkerrecht und natürlich der Fnord Jahresrückblick.
- Speaking of 37c3: Die Haecksen haben hier einen wunderbaren Leitfaden gegen Cyberstalking zusammengestellt.
- Die Ampel-Parteien, allen voran die Versager aus der SPD, lassen sich mal wieder von den konservativen Ochsen durchs Dorf treiben und propagieren mal wieder alles, was unsozial ist. Und falls ihr euch jetzt bemüßigt fühlt, mir zu schreiben, dass "Sozialschmarotzer" oder welche menschenfeindlichen Formulierungen ihr auch immer auf Lager habt, es verdient hätten, deabonniert einfach den Newsletter. Ich hab keine Lust auf Leute, die gern nach unten treten und es geil finden, Arme Leute abzustrafen, während in Deutschland das 100-Fache an Steuern hinterzogen wird, während Jahr für Jahr Steuererleichterungen für Bestverdiener durchgesetzt werden, aber sobald jemand 530 Euro überwiesen bekommt, geht der deutsche Michel auf die die Barrikaden. Merkt's mal.
- Speaking of Sozialschmarotzer: Einen Ex-Verkehrsminister, der vollkommen im Alleingang 243 Millionen Euro Steuern versenkt, nicht zur Rechenschaft zu ziehen, ist ja wohl absolut grotesk. Beschreibt aber ganz gut, warum Demokratie aktuell nur Selbstbedienung bedeutet.
- Ich will jetzt nicht sagen, ich war ja noch nie der große Matt Rife-Fan, aber ich war ja noch nie der große Matt Rife-Fan. Ich könnte deshalb jetzt mit Genugtuung dabei zusehen, wie sein binnen kürzester Zeit erlangter, vermeintlicher Comedy-Gottheitsstatus bröckelt, aber so fies bin ich nicht. Wirklich nicht. Trotzdem finde ich es gut, dass jetzt, wo alle langsam aus dem Hypetrain aussteigen, wenigstens eingeordnet wird, dass diese Crowdwork-Flut auf TikTok und Insta schon nicht nur geil war.
- The one and only Christian Fuchs hat recherchiert, wie in Mittelsachsen gerade so der Kauf eines Schloss durch Rechtsextreme abgewendet werden konnte, nur damit kurz darauf eine total unpolitisch und bei näherer Betrachtung doch sehr stramm rechte Geschäftsfrau Interesse an dem Objekt bekundet.
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Spendierhosen an?
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