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Das war's mit "Lieblingsgast"
Montag, 13. November 2023. Als ich letztens die Tickets für die Fahrt zu meiner Soloshow nach München gebucht habe, war ich völlig perplex, denn es gab günstige Tickets. Zu menschenwürdigen Uhrzeiten. Ist ja schon schade genug, dass günstige Bahntickets mittlerweile ein zuverlässiger Lacher sind, aber dass man direkt glaubt, auf irgendeine Fishing-Seite hereingefallen zu sein, nur weil man Hin- und Zurück nach München in der ersten Klasse (!) für 70 Euro (!) fährt, sagt doch schon eine Menge über den Zustand der Bahn aus. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe die Bahn. Aber ich hasse ihren Zu- und noch mehr ihren Vorstand. Wie kann man so eine großartige Idee wie ein bundes-, ach europaweites Schienennetz, so dermaßen gegen die Wand fahren, zumal man echt dumm sein muss, mit einem Zug überhaupt gegen eine Wand zu fahren, weil das nämlich hieße, man hat extra Schienen auf eine Wand zugelegt oder tatenlos dabei zugesehen, wie jemand eine Wand auf eine schon gelegte Schiene gebaut hat. Nein, ich habe nicht deshalb vor Wut diesen Tischhalter da abgerissen. Auch nicht, weil in der 1. Klasse (Es war günstig, okay?! Und billiger wird's in Klasse 2 auch nicht.) wieder lauter industry leader saßen, die vor lauter Führungsqualität nicht mal in der Lage sind, die Tastentöne ihres Handies auszuschalten oder mal nicht laut im Großraumabteil Passwörter rund IP-Adressen ins Telefon zu diktieren. Der Tischhalter war quasi schon kaputt, aber ich hab ihm dann aus Versehen endgültig den Rest gegeben. Sorry, wenn meinetwegen also danach ein ICE ausgefallen ist. Wird man wahrscheinlich eh nicht gemerkt haben, grr! Diese ganze Strecke Berlin-München macht mich als Bahn-Enthusiast einfach automatisch wehmütig, weil sie ein Paradebeispiel fürs deutsche Missmanagement ist. Wollen wir die günstige und schnellste Strecke bauen? Nein, natürlich nicht! Das wäre überhaupt nicht egoistisch und verschwenderisch genug! Wie mich so etwas aufregt. Noch dazu, dass die Leute, die das zu verantworten hatten, natürlich alles übernehmen, nur eben keine Verantwortung. Wie gut, dass es da noch Menschen wie den gerade erst grandios von Jan Böhmermann besungenen Claus Weselsky gibt. Wie schnell es hätte gehen können, erlebt man übrigens, wenn man von München nach Leipzig fährt. Drei Stunden! Da schaffen es die Rentnergruppen nicht einmal, ihre stinkenden Frühstückseier auszupacken oder mehr als zwei Piccolos zu trinken, so schnell geht das! Und hätte man die Strecke Leipzig-Berlin nicht auch noch versaut, dann wäre man von München aus in unter vier Stunden in der Hauptstadt. À propos: Wer wird eigentlich Nachfolger von Claus Weselsky, wenn er jetzt bald in Rente geht? Ich hätte Bock. Und wütend genug bin ich auch. Hier mein offizielles Bewerbungsvideo. Melde dich einfach, Claus! Einfach hier auf Antworten klicken!
Und damit willkommen zum arbeitskämpferischen Newsletter der Woche.
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Darüber hinaus war's aber sehr schön in München (da vorn war ich) Nicht im Bild: Wie ich am Nachmittag vorm Auftritt noch im Hofbräuhaus war und neben mir jemand rausgeworfen wurde, weil er, während ein paar Tourifrauen eine Insta-Story gemacht haben, im Hintergrund unflätige Bewegungen gemacht hat. Da kam sogar die Polizei. Wobei ich natürlich zuerst dachte, die Polizei käme meinetwegen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, weshalb meinetwegen die Polizei hätte kommen sollen, aber ich fühle mich immer verdächtig, sobald ich Polizei sehe. Wahrscheinlich so eine Art existenzielle Schuldvermutung. Und ja, bevor mir jetzt wieder haufenweise Leute schreiben, dass das Hofbräuhaus eine elende Tourifalle ist und ich lieber ins Hubergschnaggsl-Zelt in Unterbumsheim fahren sollte: Keine Zeit dafür. Schließlich muss ich bei 50 % meiner Auftritte ja auch immer noch in irgendeinen Elektronikmarkt und mir ein Ladekabel haben, weil ich meins wieder zu Hause vergessen habe. Und wenn ich frage, wo ich zentrumsnah sonst hingehen soll, werden sich die Leute auch bloß niemals einig. Und hey, ich find's witzig dort. Klar ist das bloße Abfertigung, aber irgendwie beruhigt es mich, wenn im Hintergrund ständig Blasmusik läuft. Und dass in München wirklich alles aussieht beim Pumuckl und bei Meister Eder, macht mich einfach fertig. Also im positiven Sinne. Ich habe auch nicht einen einzigen Verrückten dort gesehen. Im Gegenteil: In der U-Bahn sind die Münchner*innen nämlich einfach still. Ich hab Jugendliche gesehen, die haben beim Einsteigen in die Bahn ihre Musik AUSGEMACHT! Es ist so eine abgefahrene Stadt, unglaublich.
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Dienstag, 14. November 2023. Ein Kumpel schickt mir das Foto links via Whatsapp. Ich blicke auf meine gegenwärtige Situation und schicke das Foto rechts zurück.
Nicht im Bild: Als ich später drei Meter über dem Boden einen verkannteten Dübel aus der Wand zerrte, beinahe das Gleichgewicht verlor und nur noch schnell dachte: "Ja, so ein Tod passt zu dir."
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Mittwoch, 15. November 2023 Solang noch Licht durchkommt, muss man auch nicht putzen. Oder wie mir jemand auf Instagram schrieb: Natürlicher UV-Filter.
Ich hab diesen Newsletter ja angefangen, weil ich gern einfach mal wieder meine deepen thoughts runterschreiben können wollte. Und weil ich ständig Bestätigung von Wildfremden brauche, musste das natürlich öffentlich passieren. Auch wenn jetzt hier mittlerweile schon wieder so viele Leute mitlesen, dass mich manchmal komplette Unbekannte im Supermarkt anschauen und Dinge sagen wie: "Na? Hab letztens auch mein Wohnzimmer gestrichen" und dann einfach gehen. Aber ich finde es schon sehr toll fand, wie Wolfgang Herrndorf so wahrscheinlich zu 80 Prozent ehrlich die letzten Jahre seines Lebens verblogt hat. Also sind wir mal kurz ehrlich: Ja, ich ziehe um. Wer die Herr-der-Ringe-Referenz im Titel versteht, weiß auch, wohin es geht. Ich glaube, das ist mein zehnter Umzug in 20 Jahren. Eigentlich sollte ich nichts mit Auftreten machen, sondern ein Transportunternehmen leiten oder Workshops zum Thema Ausmisten und Koffer-Packen geben, weil darin bin ich unschlagbar. Bestimmt kann mir irgendjemand mit Psychologie-Abschluss auch mal schreiben, was falsch mit mir läuft. Ich weiß noch, wie meine Mutter direkt nach einem Umzug mal mit mir auf meinem Balkon stand und meinte: "Naja, das war nicht die letzte Wohnung." Und was soll ich sagen? Das war vor drei Wohnungen. Die Frau kennt mich. Mal sehen, was sie diesmal sagt. Aber mehr dazu dann in der nächsten Ausgabe, weil dann muss ich das alles nicht mehr über eine Kiste gebeugt tippen. Aber bis hierhin vielleicht so viel: Es ist hochgradig nervig, aber hauptsächlich, weil es mir alles nicht schnell genug geht und ich alles am liebsten ganz fix alleine machen würde, um bloß niemandem damit auf die Nerven zu gehen. Aber geht ja nichts anders. Und es ist bald geschafft.
Nicht im Bild: Um 22 Uhr Löcher zuspachteln, dabei "Hail Satan! Hail Satan toniiight!" mitsingen und schon gibt's am nächsten Vormittag im Hausflur wieder ganz seltsame Blicke.
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Ganz wichtig: Wenn man an der Elbe ist, immer die Elbe fotografieren!
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Donnerstag, 16. November 2023. Ja und dann geht einfach mal Osama bin Laden auf TikTok viral und ich frage mich langsam echt, wann jemand dieser Müllplattform mal wenigstens irgendeine Grenze setzt. Und das meine ich nicht einmal so dahingesagt. Ich weiß ja nicht, wie euer TikTok aussieht, aber zumindest ich, der seinen Algorithmus ziemlich gut trainiert hat, ausschließlich weiße Kuschelhunde und Männer anzuzeigen, die in Hotelwaschbecken Hühnchen panieren, muss nie lang scrollen, ehe mir dann doch mal irgendein unendlich antisemitisches oder sonstig rassistisches Verschwörungsvideo angezeigt wird, aktuell natürlich meist Hamas-Propaganda. Also free speech und so in allen Ehren, aber schon allen bei Twitter aka X kann ma ja super beobachten, dass unmoderierter Content in unserer Zeit gleichbedeutend damit ist, von ultrarechtem oder fundamentalistischem Schrott überschwemmt zu werden. Und wenn dann erstmal die KI-Fakes so richtig Fahrt aufnehmen und nicht so dilletantisch sind, wie bei PEGIDA, dann gute Nacht. Überhaupt mangelt es derzeit vor allem an einem: Trennscharfen Begriffsdefinitionen und Medienkompetenz. Perfekt zusammengefasst jüngst von der Professorin für Internationale Beziehung an der Uni Frankfurt. Und auch die aktuelle Folge Last Week Tonight über Israel und die Hamas ist sehr gut, weil sie auch deutlich macht, wie unzufrieden selbst Israelis mit der Politik Netanjahus sind und waren. Ist wahrscheinlich wirklich so ein Generationending. Dass man sich heutzutage im Internet tatsächlich nicht dumm vorkommt, ein Schreiben von Osama bin Laden zu teilen, eben weil man gar keinen Bezug zu dem Typen hat, sondern sein Pamphlet nur gerade zur eigenen Gefühlswelt passt. Wilde Zeiten. Ganz wilde Zeiten.
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Auf TourFr, 03.11.2023 - Dessau (Tickets) Mo, 13.11.2023 - München (Tickets) Do, 30.11.2023 - Essen (Tickets) Fr, 01.12.2023 - Münster (Tickets) Sa, 02.12.2023 - Nordhorn (Tickets)
Alle Termine und Tickets hier.
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Freitag, 17. November 2023. Mail bekommen. Man habe in der Rowohlt-Vorschau die Ankündigung meines Buches gesehen und wolle fragen, ob die Filmrechte noch frei sind. Bitte rasten Sie nicht sofort aus. So etwas wird in 99,9999999 % der Fälle sowieso nichts. Ich spreche da aus Erfahrung. Also bloß keine Vorfreude. Aber Moment mal, wie jetzt, Vorschau? Geil, es gibt eine Vorschau! Und hey, Spitzentitel! Mal sehen, was das heißt. Ist schon weird, jetzt einfach so warten zu müssen. Lektorat ist durch, alle Korrekturen (so viele waren es zum Glück nicht) sind eingebaut und jetzt befindet sich das Buch im Satz. Wenn alles gut geht, gibt's vor Weihnachten noch die Druckfahnen. Im Januar dann lese ich das Hörbuch ein, dann heißt es wieder ein bisschen warten und dann am 16. April erscheint das Buch tatsächlich. Und kurz danach, naja, ich sag mal noch nichts, solang es noch nicht ganz spruchreif ist. Aber es wird mega! Und bis dahin darf man das Buch natürlich gern trotzdem schon vorbestellen. Und vielleicht mache ich mir in der Zwischenzeit mal langsam Gedanken, wie es dann weitergeht.
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Samstag 18. November 2023. Weil ich partout keine essbaren Pilze am Boden finde, bin ich dazu übergegangen, Pilze an Bäumen zu suchen. Und siehe da: Alles voll! Ob Sie genießbar waren, erfahrt ihr spätestens nächste Woche, je nachdem, ob ein neuer Newsletter kommt oder nicht. Ich glaube, der Wald ist aktuell der einzige Ort, an dem man möglicherweise mal zehn Minuten lang niemandem begegnet, der Corona oder irgendeine andere Atemwegserkrankung hat. Ist schon irgendwie bezeichnend, dass wir absolut nichts aus Corona gelernt haben, außer dass viel mehr Leute ein rechtsextremes Weltbild haben, als wir uns das vorher hätten eingestehen wollen. Ich glaube, es hätte wirklich etwas gebracht, das Ganze mal etwas mehr aufzuarbeiten. Dass wir einerseits mal so kurz an der Schwelle standen, zu merken, dass der Kapitalismus und unser Verständnis von Arbeit, Grundversorgung, Wohnen, etc, wie wir es bis zur Beginn von Corona gefahren sind, eigentlich ziemlich unmenschlich war und wir vielleicht Überleben und Arbeit voneinander entkoppeln sollten. Und dass wir andererseits einfach so komplett überrollt wurden von der menschlichen Vulnerabilität und natürlich auch überhaupt keine Vorkehrungen oder learnings gewonnen haben, falls uns noch einmal eine andere Pandemie globalen Ausmaßes überfällt. Nö, wir machen einfach weiter wie bisher. Das ist nicht die Form von Resilienz, die ich mir gewünscht habe, aber vielleicht sollte ich das auch langsam mal so behandeln wie die SPD: Einfach aufhören, zu hoffen, dass das nochmal was wird.
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Niemand hat mich nach meiner Meinung gefragt, aber ich sage sie trotzdem
Viel zu beschäftigt gewesen diese Woche, deswegen etwas magere Ausbeute, aber immerhin:
#1 Kristine Bilkau: Die Glücklichen Eine Orchester-Cellistin bekommt von heute auf morgen zittrige Hände, während ihr Mann seinen Job bei einer Zeitung verliert. Und von heute auf morgen ist nicht nur ihre materielle Existenz bedroht, sondern vor allem ihr Selbstwertgefühl. Und während er sich Aussteigerfantasien hingibt und vom Leben auf dem Land träumt, hofft sie einfach, dass es sich schon irgendwie alles ergeben wird. Ganz schön deprimierendes Buch. Aber eben dadurch ziemlich real, zeigt es, wie sehr unser ganzes Leben abhängig von Arbeitseinkommen ist und wie schnell jedweder Sinn verloren zu gehen scheint, sobald man arbeitslos ist. 7/10
#2 Aus heiterem Himmel Sobald das Wetter schlechter wird, geht es in meinem Leben eigentlich nur noch darum, möglichst stabile Umgebungen zu schaffen, damit ich irgendwie bis April durchhalte. Ein wichtiger Grundpfeiler hierbei ist der kontinuierliche Konsum von ARD-Vorabendserien aus dem 90ern wie zum Beispiel "Aus heiterem Himmel". Meine Güte, war da die Welt noch in Ordnung. Ich weiß gar nicht, warum solche Serien, in denen es jetzt gar nicht um den riesigen dramaturgischen Bogen seht, sondern einfach nur das Leben einer Familie gezeigt wird, aktuell gar nicht mehr gedreht werden. Mich holt das komplett ab und würde ich spontan ein Haus am Starnberger See erben, mein Leben wäre endlich vollständig.
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Was fehlt:
- Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers nailt einfach mal ungehört "The Kill" von 30 Seconds To Mars (Ja ja, ich weiß, dass Jared Leto mittlerweile komplett verrückt ist).
- Ich weiß nicht, was ihr von Formel 1 in Las Vegas haltet, aber ich bin da ziemlich bei Max Verstappen: 99 % Show, 1 % Racing. Und das not in a good way. Wobei das Rennen schon ganz nice war. Mal abgesehen davon, dass die Strecke komplett voller Sand war und es meinen lieben Lando einfach mal ins Nichts katapultiert hat. Und warum Piastri sechs Runden vor Rennende nochmal pittet, wissen auch nur die Götter. An meine F1-Heads also: Schaffen Lando und McLaren noch Platz 4 in der Fahrer- und Konstrukteurswertung?
- Mein neues guilty pleasure: Leuten dabei zuschauen, wie sie Programmierwettbewerbe bestreiten. Wobei er hier einfach komplett nuts ist. Keine Ahnung, wie man so schnell Code schreiben kann.
- Speaking of John Oliver: Mindestens genau so gut ist sein Video zu McKinsey und all diesen furchtbaren Unternehmensberatungen.
- Uff, Morlokk Dilemma und Nico KIZ. Ich wusste nicht, dass ich diese grandiose Kombo brauchte.
- Wissen ist Macht. Und manchmal ist Nicht-Wissen auch einfach eine Art, um Macht zu bewahren. Beispiel: Wir wissen nicht einmal, wie reich unsere Superreichen wirklich sind, weil niemand Daten darüber erhebt. Sonst könnte ja jemand wütend werden.
- Wieder eine gute Nachricht: Homeoffice killt den Markt für Büroimmobilien.
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