Gar nicht mal so cool Letzte Woche habe ich "Wer stiehlt mir die Show" gesehen (Kurzkritik: Witzig, aber wie immer zu lang) und hab mich sehr darüber gefreut, wie gut Matthias Schweighöfer sächsisch kann. Nur um dann ein wenig irritiert zu sein, wie witzig er es fand, bei diesem Spiel, wo die Kandidat*innen einen Fahrradfahrschein aus einem BVG-Automaten ziehen mussten, zu erklären, er hätte die Aufgabe nur deshalb nicht schnell genug erledigen können, weil er ja, haha, aufgepasst, seit 15 Jahren nicht mehr U-Bahn gefahren sei, haha, Brüller, haha. Und alle im Publikum so: "Haha, das ist witzig, weil er viel zu reich und zu bekannt ist, um das GROßARTIGSTE FORTBEWEGUNGSMITTEL BERLINS zu benutzen!" Und schon befand ich mich im Zwiespalt. Einerseits finde ich Matthias Schweigerhöfer ja sehr lustig. Anderseits provoziert mich solches "Ja naja, was willste machen? So viel Geld und Fame schränkt halt auch sehr ein!"-Gelaber auch extrem. Wieso glauben so viele bekannte Leute, wobei es meist schon ausreicht, sehr viel Geld zu haben, eigentlich immer, es wäre total sympathisch, wenn sie erklären, dass sie ja "normale" Dinge schon laaaange nicht mehr machen könnten, weil, you know, haha. Nee, weiß ich nicht, warum du nicht mehr alleine einkaufen gehen kannst, erklär doch mal. Ich versteh ja, dass es ab einem bestimmten Grad an Prominenz unmöglich ist, irgendwo nicht erkannt zu werden. Und dass man auch nicht immer angelabert werden möchte. Aber ich glaube auch, dass sich das irgendwann legen würde, wenn dann halt endlich alle begriffen haben: "Ja, das ist der Schweighöfer, der fährt halt Ringbahn. Steigt immer Gesundbrunnen aus, weil's da die beste Currywurst Berlins gibt." Und von mir aus fahrt auch ruhig immer Uber. Aber tut doch bitte nicht so, als wärt ihr dazu gezwungen, euch überall für 20 Euro hinkutschieren zu lassen, weil es halt anders nicht geht und nicht, weil ihr es insgeheim geil findet, während der Fahrt Insta Stories zu machen und zu erklären, zu welchem Event ihr grad müsst und wie stressig das wieder alles war, weil eure Visagistin kam ja zu spät, aber, haha, die fährt ja auch U-Bahn. Allein, dass ihr euch ja dafür rechtfertigt, zeigt ja schon, dass ihr wisst, dass es komplett überprivilegiert ist. Es gibt da diesen Kalenderspruch, der immer mal wieder durchs Internet geistert: Ein entwickeltes Land erkennt man nicht daran, dass die Armen Autos haben, sondern daran, dass die Rechen ÖPNV benutzen. Bisschen pathetisch, aber durchaus was dran. Ich hoffe jedenfalls, ich werde nie so bekannt, dass ich überall nur noch mit dem Uber hinfahre. Mir ist es schon unangenehm genug, wenn ich bei einer Produktion bin und die dann unbedingt darauf bestehen, dass man da mit Taxi hingefahren wird. Und dann wartet da morgens so ein Fahrer und schon sein Blick sagt: "Du bist der, den ich abholen soll? LOL!" Und ich denke: "Ja lol, zurück laufe ich, versprochen." Ich weiß, ich reg mich darüber ein bisschen zu doll auf. Aber stimmt doch. Ich weigere mich einfach, so etwas abzufeiern. Schön, dass ihr so viel Geld habt, dass euch 500 Euro Taxi-Rechnung im Monat nicht stören. Aber hört auf, mir das als Bürde zu verkaufen, von der ich zum Glück nicht betroffen bin. Ehrenrettung, dass Hazel Brugger ihren Spielsieg damit begründete, sie sei einfach noch nicht lang genug prominent, um nicht mehr zu wissen, wie man einen verdammten Fahrschein kauft.
Und damit willkommen zum Rage-Newsletter der Woche.
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Montag, 06. November 2023. Bin mit meinem großen Beutel, in dem ich immer meine Pfandflaschen sammle, zum Supermarkt gelaufen, nur um am Pfandautomaten festzustellen, dass unten im Beutel noch zwei Wasserflaschen lagen, die ich nach dem letzten Mal Pfandwegbringen offenbar gekauft, aber zu Hause nie ausgeräumt habe und stattdessen einfach wieder neue Pfandflaschen oben draufgelegt habe. In der Hoffnung, es wird schon nicht auffallen, gehe ich zur Kasse. Kassiererin: "Was haben Sie da im Beutel?" Ich: "Zwei Wasserflaschen." Sie: "Die müssen och offs Band." Ich: "Die hab ich mitgebracht." Sie: "Ja klar." Ich: "Wirklich." Sie: "Na dann hamm Se bestimmt'n Kassenzettel!" Ich: "Nee, die sind schon älter." Sie: "Sicher." Ich: "Sie können ruhig hier auf den Kameras gucken! Ich war gar nicht da hinten beim Wasser!" Sie: "Ach, aber wo's Wasser ist, des wissen Se!" Ich: "Klar, ich bin ja dauernd hier!" Sie: "Und dann nehmen'se immer Wasser mit, ja?" Ich: "Oft, ja." Sie: "Ja, aber ditt bezahlen Se halt nich?" Ich: "Doch, klar, aber heute nich!" Sie: "Mmhm." Ich: "Ich klau doch nich in 'nem Laden, in dem ich total oft bin!" Sie: "Ach so, aber woanders klauen Se schon oder wat?" Ich: "Ich klau überhaupt nicht!" Sie: "Na dann lassen Se sisch bei'n nächsten Ma wenigstens nich erwischen!" Ich: "Ich wurd' überhaupt nicht erwischt!" Sie: "Ja, deswegen diskutieren wer ja hier." Ich: "Ist das überhaupt Diebstahl, wenn man was in den Supermarkt mitbringt, statt es mitzunehmen?" Sie: "Hammse's ursprünglisch hier mitjenomm?" Ich: "Ja." Sie: "Denn is' Diebstahl." Ich: "Ich geh jetz, okay?" Sie: "Müssen Sie ja wissen, ob Se des okay finden."
Ich brauch schon wieder einen neuen Supermarkt.
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Dienstag, 7. November 2023. Wieder was Neues von der FDP gelernt. Weil ich hinterm Eisernen Vorhang geboren wurde und deshalb bis heute nicht weiß, was St. Martin, bin ich gegen Deutschland und verliere vermutlich bald meinen Pass. Schade, dass Katja Adler nicht wusste, dass wir in meiner Heimat genau am Dienstag den "Ich poste heute zur Abwechslung mal keinen Unsinn ins Internet"-Tag gefeiert haben. So viel zum Respekt gegenüber meiner Kultur, Frau Adler.
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Mittwoch, 08, November 2023. Der Facebook-Oberkonzern bietet mir an, die Plattform, die ich komplett unironisch dafür verantwortlich mache, dass große Teile unserer Bevölkerung glauben, Bill Gates hätte Corona erfunden, um uns allen Mirkochips in die Arme zu spritzen, Angela Merkel sei in Wirklichkeit eine Echse, die Mondlandung wäre eh nur von den USA inszeniert gewesen und im Winter fährt Robert Habeck wieder als Grinch verkleidet durch die Eigenheimsiedlungen, um unschuldigen Arbeitnehmern die Gasheizung rauszureißen, aber wenn man nur eifrig AfD wählt, dann lässt sich das alles wieder beheben, dieser Konzern bitet mir an, seiner Plattform ab jetzt Geld dafür zu bezahlen, dass ich meine fake news und Whatsapp-Witzbilder in Zukunft ohne lästige Werbung genießen kann. Worauf ich gern geantwortet hätte: Wenn ich nur sicherstellen könnte, dass ihr mit meiner Bezahlung weniger verdient, als mit Werbung, dann würde ich es machen. Weil ich wünsche mir wenige Dinge sehnlicher, als dass euer ganzer Verein untergeht, weil euer Algorithmus nichts als das Schlechteste im Menschen hervorbringt und ihr willentlich nichts daran ändert, weil ihr einfach schlechte und geldgierige Menschen seid. Aber glücklicherweise bilde ich mir ein, so eine langsam einsetzende social media fatigue zu bemerken, zuallervorderst bei mir selbst, und ich hoffe, dass irgendwann all eure Plattform wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Nur leider, ist der Schaden ja längst angerichtet.
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Auf TourFr, 03.11.2023 - Dessau (Tickets) Mo, 13.11.2023 - München (Tickets) Do, 30.11.2023 - Essen (Tickets) Fr, 01.12.2023 - Münster (Tickets) Sa, 02.12.2023 - Nordhorn (Tickets)
Alle Termine und Tickets hier.
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Donnerstag, 08. November 2023. Der Französisch-Sprachkurs geht in eine neue Runde, was auch heißt, dass wieder einmal ein paar neue Leute dabei sind. Unter anderem eine Siebzehnjährige, die tausendmal besser Französisch spricht als alle Anderen und mich damit mal wieder kurzzeitig in eine Existenzkrise stürzt. Ich habe immer Angst vor dem Tag, an dem ich merken werde, dass ich einfach nicht mehr so aufnahmefähig bin, wie jemand Jüngeres. Und dann deshalb bockig werde und das Gendern dafür verantwortlich mache oder so. Aber ich weiß auch, dass es immer hilft, sich in die andere Perspektive hinein zu denken: Also wie hätte ich mir gewünscht, dass man mir in dieser Situation begegnet, wenn ich als Siebzehnjähriger zwischen lauter Uralten aufgeschlagen wäre, die zehnmal langsamer lernen als ich? Und das wäre zweifelsohne gewesen, dass man mich gleichwertig behandelt und nie etwas gesagt hätte von wegen "Ja, also ICH hab das ja noch so und so gelernt" oder "Ja ja, da kommst du auch noch hin!" Wobei ich es schon witzig fand, bei der Gruppenarbeit mit anzusehen, wie sehr mich das Leben mittlerweile schon gebrochen hat. Natürlich melde ich mich nicht mehr freiwillig, um unseren zu viert (!) spontan (!) improvisierten (!) Text aufzuschreiben, weil ich schon ahne, dass das sowieso nichts wird. Und ich versuch auch nicht mehr, Gabriele zu erklären, dass sie sich stumm stellen soll, wenn andere reden, weil ich ihr Schnaufen nicht ertrage, denn ich habe Gabriele schon seit dem A2-Kurs vor anderthalb Jahren gemutet und das Tolle ist: Es hat unserer Gruppenarbeit noch nie geschadet. Und dann sieht man die arme Siebzehnjährige, die noch Hoffnung hat, wie sie Gabriele schon so ein bisschen angepisst zum fünften mal erklärt, dass da so ein Mikrofon-Button ist, auf den sie drücken muss. Und dass wir jetzt vielleicht aber mal weiter an dem Text schreiben sollten, ach der Steffen hat den Text jetzt aus Versehen gelöscht, super, nee, das soll schon auf Französisch sein ja, Gabriele, WIR HÖREN DICH! Und wie ihr ganzer jugendlicher Enthusiasmus direkt komplett gebrochen wird und ich einfach für sie hoffe, dass sie doch noch den Absprung schafft, weil hier wird sich gar nichts ändern. Und wie ich am liebsten in Gandalf-Manier zu ihr sagen würde: "Flieht, ihr Narren!" Aber das wäre ja auch total übergriffig.
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Freitag, 10. November 2023. Ich habe beschlossen, dieses Weihnachten mal wieder all in zu gehen und auf jeden Fall einen Weihnachtsbaum zu kaufen, einfach weil ich es immer cool fand, dass zu Weihnachten, wenn meine Eltern und ich irgendwo hingefahren sind, zu den üblichen Fragen wie "Hast du den Autoschlüssel?" oder "Sind die Fenster zu?" immer noch die Frage "Ist der Baum aus?" dazu kam. Tolle Frage. Das will ich wieder. Schade, dass ich keine Lichterkette habe, die man ausgeschaltet, indem man irgendeine "Kerze" ein Stückchen aus der Fassung dreht. Weil bei mir zu Hause war es immer sehr toll, wenn man beim Weggehen irgendeine Kerze herausgedreht hat und später beim Wieder-Anmachen nie wusste, welche es war, die man lose gedreht hatte, weshalb die Stimmung dann immer kurz ein bisschen gereizt wurde. Noch dazu, wenn jemand anderes vorher den Baum ausgemacht hatte und der dann schlechte Anweisungen gab oder sich gar nicht erinnern konnte, welche Kerze er oder sie lose gemacht hatte. Hach, ich liebe Weihnachten.
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Samstag, 11. November 2023 Hole etwas von eBay Kleinanzeigen. "Abzuholen in Berlin" heißt in diesem Fall, dass ich erst mit der U-Bahn, dann mit dem Bus jeweils bis zur Endhaltestelle fahren und anschließend noch eine Viertelstunde laufen muss, was dazu führt, dass ich am Ende schon gar nicht mehr in Berlin bin, dann aber lustigerweise wieder nach Berlin reinlaufen muss. Der Mann ist aber sehr nett. "Wo müssen Sie denn damit hin?", fragt er, bevor ich gehe. "Friedrichshain", sage ich. "Oh, das tut mir leid."
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Niemand hat mich nach meiner Meinung gefragt, aber ich sage sie trotzdem
#1 Whiplash (2014) Es war mal wieder große Filmfestspielwoche im Hause Herrmann. Erstmal ein Rewatch von Whiplash. Hatte ich damals ziemlich nah am Release gesehen und war recht underwhelmed, was all den buzz anging. Ja, guter Film, großartige Nebenrolle, aber das macht ihn für mich trotzdem nicht zu einem der Top 200 Filme ever. Zumal die Story doch recht, wie soll ich es nennen, klassisch ist. Ein junger Schlagzeuger schafft es an das renommierteste New Yorker Konservatorium und darin sogar in die renommierteste Band-Klasse, nur um sich dann von einem absoluten Arschloch-Dozenten das Leben zur Hölle machen zu lassen. Bis zum großen fallout, aber mehr wäre gespoilert. Ich weiß nicht, wahrscheinlich ist es wirklich einfach nur, dass mir da irgendwie der Zugang fehlt, aber dieses "Mensch zerbricht an seiner Profession"-Motiv finde ich in anderen Filmen für mich toller umgesetzt, zum Beispiel in Black Swan, Good Will Hunting oder Nightcrawler. Aber vielleicht finde ich auch einfach das Ende komplett unrealistisch bzw. nicht nachvollziehbar.
#2 American History X (1998) Der Film hingegen wird eigentlich immer noch besser, je mehr sich unsere Gesellschaft wieder nach rechts bewegt. Klar, bei mir löst der Film viel aus, weil ich diese ganzen Idiotenglatze alle noch aus meiner Jugend kenne. Aber auch so ist der Film einfach so wahnsinnig gut geschrieben, dass ich früher fast nicht geglaubt habe, dass das keine Literaturverfilmung ist. Je mehr man erfährt, desto tragischer wird es. Und das Ende, huih. Ich will überhaupt keinen Whiplash-American-History-X-Streit vom Zaun brechen, aber ich finde es trotzdem interessant, dass beide auf IMDB eine 8,5 haben. Vor allem, weil American History X für mich deutlich runder ist.
#3 Logan (2017) Wer schon ein bisschen bei mir mitliest, weiß ja, dass ich so meine Probleme mit Superheldenfilmen habe. Ich meine, guckt die ruhig, aber erzählt mir bitte nicht, dass die Avengers einige der besten Filme ever seien, weil dann muss ich wieder zubeißen und das will ich nicht. Ich habe letztens irgendwo gelesen, dass Jeremy Allan White, also Lip von Shameless, irgendwo gesagt hat, er verstehe nicht, wie Superheldenfilme zum Karrierehöhepunkt von Schaupieler*innen werden konnten. Gehe ich total mit. Und trotzdem will ich ja aufgeschlossen. Und deshalb habe ich Logan geschaut, weil alle immer sagen: "Jaaa, das sei natürlich auch Marvel, aber DER Film sei eben deutlich tiefgründiger als diese typischen Superheldenfilme, bei denen man immer denken muss: Und dafür hab ich die Autorenstreiks in den USA unterstützt?" Spoiler: Ist er nicht. Ist ein stinknormaler Bumm-Bumm-Superheldenfilm. Nur dass Logan aka Wolverine am Anfang eben ganz doll mit sich selbst zu kämpfen hat, ehe es um das Übliche geht: Ums Kämpfen gegen das Böse. Nee, also bei aller Liebe. Die zwei Stunden Lebenszeit hätte ich doch gerne zurück.
#4 Detachment (2011) Kennt noch jemand Dangerous Minds? Oder sollte ich besser sagen: Den Film von Gangsta's Paradise? Hab ich geliebt. Okay, ich glaube vor allem, weil ich so circa neun war, als der Film in der ARD (!) lief und ich durch Zufall herausgefunden hatte, dass ich auf unserem Fernseher auf die Original-Tonspur umschalten konnte und ich von da an nur noch "FUCK! MOTHERFUCK! FUCK!" rufend durch die Wohnung gelaufen bin, während ich meine Schlafanzughose baggy trug. Detachment ist quasi genau das, nur dass es nicht gut ausgeht. Also schon irgendwie, aber das wäre gespoilert. Und es ist einfach anders hart. Ein Vertretungslehrer kommt in eine absolut katastrophale Schule, wo die Schüler die Lehrkräfte misshandeln und die deshalb schon komplett aufgegeben habe. Und nebenbei trifft er seine Schüler auf der Schule bei so ziemlich allem, was schief gehen kann im Leben. Aber er versucht, sie auf die richtige Bahn zu bringen. Ich weiß gar nicht, warum ich den auf der Liste hatte, aber kann man machen. Ist wirklich ganz schön hart. Und weil Adrien Brody, als der Mann aus "Der Pianist", die Hauptrolle spielt, denkt man die ganze Zeit "Lasst doch den Armen Herrn Szpilman in Ruhe, der hat's doch schon schwer genug!" Aber kann man machen.
#5 Memories of Murder (2003) Noch so eine "Musst du uuuunbedingt gucken!"-Klassiker, wo ich jetzt auch weiß, warum mich mein Unterbewusstsein so lang davon abgehalten hat. Ich fand ja schon Parasite nicht so gut, wie alle. Ich komm einfach nicht darauf klar, dass koreanische Filmen oft so ein weirdes mashup als allen möglichen Genres sind, die manchmal kreuz und quer, dann wieder nacheinander ablaufen und am Ende völlig unbefriendigend aufgelöst werden. Genau so hier. Es geht um eine Reihe von Mordfällen an Frauen in einer Provinz. Die trotteligen Ermittler, die in der ersten Stunde eigentlich nur Slapstick machen, finden nichts heraus und versuchen deshalb, einem Unschuldigen nach dem Nächsten, ein Geständnis abzuringen, bis ein Ermittler aus Seoul dazu und dem Täter fast auf die Schliche kommt. Achtung, Spoiler: Aber halt eben nur fast. Denn dann ist der Film einfach vorbei. Das ist noch schlimmer als diese ganzen Netflix-Crime-Dokus, bei denen immer 9 Folgen lang unglaublich krass ermittelt, aber nichts gefunden wird und dann in Folge 10 heißt es: Ja und dann wurde ein DNA-Test gemacht und es kam raus, es war der Typ aus Folge 1. Ende. Könnte ich ausflippen. Ihr könnt doch keinen zweistündigen Film über einen Serienmörder machen und dann heißt es: Ja, öh, den Täter haben wir übrigens nie gefunden. Spoiler Ende.
#6 Oppenheimer (2023) Sagen wir so: Oppenheimer und Barbie sind perfekte Beispiele dafür, wie kollektive Euphorie funktioniert, in der nur noch in Superlativen gesprochen wird. Beides sind solide Filme, aber nichtsdestotrotz weit entfernt von so etwas wie "Meilenstein", "Epos" oder irgendetwas anderes Absurdes, womit man sich im Sommer zu übertrumpfen versuchte, damit überhaupt noch jemand die eigene Rezension lesen wollte. Ja, guter Film, hat mir gefallen. Mich kriegen solche Physikerfilme eh immer. Aber sind wir doch ehrlich: Er ist zu lang. Und so geil war diese ganze McCarthy-Geschichte jetzt nicht dargestellt. Genau so wenig wie Oppenheimers Leuterung in Bezug auf die Wasserstoffbombe. Wobei, die noch am ehesten, wenn man da zum Beispiel an die Rede nach dem Atombombentest denkt. Aber trotzdem nicht so sehr, dass es diese Länge gerechtfertig hätte. Ich bleib dabei, ein Film wird nicht deshalb zum Epos, weil man ihn sinnlos in die Länge zieht, sondern weil es einfach viel zu erzählen gibt. Versteht mich nicht falsch: Ich mag Christopher-Nolan-Filme. Also zum Teil. Sagen wir, er hat mit "Interstellar" einen meiner absoluten Lieblingsfilme gedreht. Aber er hat eben auch Tenet gemacht. Oder Dunkirk. Und die sind zwar total okay, aber eben auch nur das. Und Oppenheimer ist besser, aber deshalb noch lange kein Interstellar. Eher so ein Beweis für die Existenz des Sommerlochs. Wenn man dafür zwei Superhelden-Filme weniger guckt, ist es Oppenheimer auf jeden Fall sehr wert, gesehen zu werden.
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Was fehlt:
- Sollte man die AfD verbieten und falls ja, wann am besten und klappt das überhaupt? Gute und ausführliche Zusammenfassung. Und jetzt bitte verbieten oder wenigstens die Parteienfinanzierung entziehen.
- Am Samstag geisterte ein Interview mit Douglas Murray durchs Internet, der aus Gaza seine Einschätzung zur aktuellen Lage des Nahostkonflikts geben sollte und der darauf endete, die Hamas wäre ja schlimmer als die Deutschen im zweiten Weltkrieg, denn die hätten sich abends ja wenigstens besaufen müssen, um all ihre schrecklichen Taten aushalten zu können. Und als wäre der Vergleich nicht schon schlimm genug, teilten das Ganze auch noch haufenweise namhafte Accounts wie zum Beispiel Karl Lauterbach, ohne zu wissen, dass sie mit Douglas Murray ein britischen Ultrarechten teilen, dessen Aussagen maximal gruselig sind.
- Sieht aus, als hätten selbst die Wirtschaftsweisen mittlerweile kapiert, dass die Rente nicht zu halten ist und dringend reformiert werden muss. Aber noch wird fleißig verschleppt, denn der Generationenkonflikt ist ja noch nicht groß genug.
- Guter Text über das menschliche Verhältnis zur Arbeit im Laufe der Geschichte. Auch wenn es im Endeffekt keine neue Erkenntnis ist, dass wir Trottel sind, die ihr Leben wegwerfen.
- Interessanter Gedanke: Dass Integration auch von Infrastruktur abhängig ist. Und was sparen wir in Deutschland gnadenlos kaputt? Genau!
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Spendierhosen an?
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